Zukunft des Vereins steht auf der Kippe

Am Donnerstag, 4. Dezember, entscheiden Politiker über die Zukunft des Sportvereins Beckdorf.

Wenn die Mehrheit der Mitglieder des Apenser Samtgemeinderates grünes Licht dafür gibt, dass Asylbewerber künftig in der Sporthalle Auf dem Delm untergebracht werden, könnte das das Aus für den Verein bedeuten. Die sportlichen Konsequenzen für den Club wären verheerend.

An jenem Donnerstag ab 20 Uhr werden Vereinsmitglieder im Apenser Rathaus im Publikum sitzen, in der Bürgerfragestunde vielleicht Fragen stellen oder ihre Meinung sagen und danach auf Tagesordnungspunkt vier warten. Die Verwaltung um Samtgemeindebürgermeister Peter Sommer wird erklären, dass mit der Lieferung von Wohncontainern frühestens im kommenden Sommer zu rechnen sei, dass Verhandlungen mit Immobilienbesitzern an unterschiedlichen Preisvorstellungen nahezu gescheitert und Wohnungen zur Miete aus verschiedenen Gründen nicht vorhanden sind. Das ist der heutige Stand. So steht es in der Sitzungsvorlage. Dann – und davon geht Beckdorfs Bürgermeister Siegfried Stresow aus – werde sich eine „klare Mehrheit“ für die Unterbringung von Asylbewerbern in der Sporthalle Auf dem Delm aussprechen. Nicht nur in einem abgeteilten Sozialraum, sondern auch auf dem jetzigen Spielfeld. Stresow selbst ist dagegen. In einem offenen Brief hatte Stresow geschrieben, dass das Allgemeinwohl unterlaufen und der Sportbetrieb eingestellt werden würde und müsste.

Der SV Beckdorf zählt derzeit 500 Mitglieder. 400 davon sind Handballer. 100 Kinder und Erwachsene turnen oder betreiben verschiedene Fitness-Sportarten. 14 Handballmannschaften stehen im regelmäßigen Spielbetrieb. Das Aushängeschild ist die erste Herrenmannschaft in der Dritten Liga Nord. Würden die Asylbewerber nur, wie zunächst vorgesehen, im Sozialraum untergebracht werden, könnte der Verein den Spiel- und den Trainingsbetrieb mit viel Kraftanstrengung und Organisationstalent aufrechterhalten, meint Günther Jonas, der seit 33 Jahren im Vorstand ehrenamtliche Tätigkeiten übernimmt und den Verein wie kaum ein Zweiter kennt. Selbst eine Sperrung der Halle für wenige Wochen – wie zuletzt im Zuge der Fußbodensanierung – könnte der Verein mit einem Kraftakt kompensieren. „Aber das war damals schon eine Wahnsinnsarbeit“, sagt Jonas. Der Verein verlegte Spiele, Training fiel im großen Stil aus. Die verschiedenen Mannschaften tingelten durch die umliegenden Gemeinden und wichen auf andere Hallen aus. Das funktionierte im Sommer. Im Winter sind die Sporthallen weitestgehend ausgebucht.

Bereits eine Spielverlegung in den unteren Ligen kostet um die 75 Euro, in der Verbandsliga nimmt der Handballverband Niedersachsen mehr als 100 Euro. Der Deutsche Handballbund verlangt eine mittlere dreistellige Summe. Aber das ist eine theoretische Diskussion. In der Praxis lassen sich Spiele in der bald anstehenden Rückrunde kaum noch verlegen, weil Vereine das Heimrecht dann nicht mehr tauschen können. Ungeklärt sind die Regressforderungen von Sponsoren im Fall eines Rückzugs einiger oder aller Mannschaften. Spieler und Trainer stehen unter Vertrag und könnten auf Einhaltung der Verträge pochen. Der materielle Schaden für den Verein könnte demnach beträchtlich werden.

Die Unterbringung von Asylbewerbern in der Sporthalle Auf dem Delm würde „das Ende des Sports in Beckdorf bedeuten“, sagt Günther Jonas. „Sag mal einem lütten Spatzen, dass er nicht mehr in Beckdorf trainieren kann. Das ist nicht vorstellbar“, sagt der 69-jährige Funktionär. Gerade in den vergangenen Wochen und Monaten habe der Jugendhandball im Verein einen Aufschwung erfahren. Zu fast jedem Training kommen neue Kinder hinzu, so der Trainer des Drittligisten, Lars Dammann. Die derzeitige Situation sei belastend. Eine Halle könne niemand herbeizaubern. „Du könntest den Laden zumachen. Es gibt im Winter woanders keine freien Hallenzeiten“, sagt Dammann.

Siegfried Stresow, der Vereinsvorstand und die Samtgemeinde verhandeln im Stillen offenbar an mehreren Fronten. Laut Stresow gäbe es in Beckdorf, Goldbeck und Revenahe noch Immobilien. Aber die Gespräche verlaufen zäh und zeitraubend. Und die Zeit läuft davon.

Der Standpunkt von Daniel Berlin
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Es ist armselig, dass es den Entscheidern in der gesamten Samtgemeinde Apensen nicht gelingt, Wohnraum für Asylbewerber zu schaffen. Mit der Sporthalle Auf dem Delm in Beckdorf würden sich die Politiker des Samtgemeinderates für die schlechteste aller Varianten entscheiden. In den vergangenen Monaten und Jahren sahen Politiker und Verwaltung immer schlecht aus bei den wirklich wichtigen Themen. Letztes Beispiel ist die Feuerwehr. Im Rathaus fehlen der Weitblick und die Konzepte für Themen wie die Asylproblematik. Dass mittlerweile 51 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht sind, müsste sich sogar bis nach Apensen herumgesprochen haben. Apensen agiert nicht, es reagiert.
Aber ausschließlich den Politikern und dem Samtgemeindebürgermeister Peter Sommer den schwarzen Peter zuzuschieben, wäre in diesem Fall zu einfach. Dass Vermieter ihre freien Immobilien nicht vermieten wollen, dass Besitzer ihre Häuser bei der hohen Nachfrage für den Gutachterpreis nicht verkaufen wollen, dass Menschen die Container nicht in der eigenen Nachbarschaft haben wollen, passt zur verbreiteten Mentalität, alles nur so lange mitzumachen, bis es den Einzelnen unmittelbar betrifft. Hinzu kommt, dass der Verwaltungschef beim kleinsten Widerstand weiche Knie bekommt und keine Linie fährt.
Beckdorf steht mit der Asylbewerberproblematik nicht allein da. Gemeinden wie Esslingen bei Stuttgart, Herne bei Bochum oder Landsberg bei Augsburg standen in den vergangenen Wochen im Fokus und steckten Asylbewerber in Sporthallen. Dabei nahmen sie in Kauf, dass Schul- und Vereinssport zum Erliegen kamen. Nur einmal in diesen drei Fällen führten die Beteiligten auch öffentlich eine Debatte um die humanitären Gesichtspunkte. Menschen zum Essen, Schlafen und Leben in Sporthallen zu stecken, kann höchstens Übergangslösung sein.
Bei der Sitzung des Samtgemeinderates haben die Politiker hoffentlich im Hinterkopf, dass sie einen Verein mit 500 Mitgliedern und 90-jähriger Tradition kaputtmachen würden. Der SV Beckdorf wäre dann tot.

Bericht: Tageblatt Online

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