Jonas Kaucikas: Ein Comeback voller Emotionen

BECKDORF. Der alte und neue Trainer des Handball-Oberligisten SV Beckdorf, Jonas Kaucikas, hat am Sonnabendabend vor 150 Zuschauern einen Einstand nach Maß gefeiert. Der SV Beckdorf gewann gegen die SG Achim/Baden mit 32:29. Kaucikas ist zurück.Der Trainer ist zurück in seinem Wohnzimmer. Vor elf Jahren ging er aus Beckdorf einst im Streit. Und wer genau hinhörte, bemerkte, dass der Stachel immer noch tief sitzt.

Jonas Kaucikas verbringt die letzten Minuten des Spiels gegen die SG Achim/Baden im Stehen. Die Arme verschränkt. Ein Lächeln im Gesicht. Kurz vor Schluss brennt in der Sporthalle Auf dem Delm nichts mehr an. Die SG Achim/Baden nimmt die Beckdorfer in Manndeckung. Aber die Spieler lassen sich nicht aus der Ruhe bringen und nehmen die Zeit clever von der Uhr.

Mit dem Schlusspfiff bricht es aus dem 64-Jährigen heraus. Er streckt die Arme aus und ballt die Fäuste. Kaucikas genießt das Bad in der Menge. Ordner laufen auf ihn zu und umarmen ihn. Der ehemalige Beckdorfer Bürgermeister Siegfried Stresow gratuliert. Thomas Holst, als Spieler unter Kaucikas vor elf Jahren Aufsteiger in die damalige Regionalliga, herzt seinen alten Coach. Kaucikas winkt in Richtung Tribüne. Dort sitzen an diesem Tag nicht die Leute, die ihn damals so überraschend vom Hof gejagt haben.

Kaucikas stieg mit Beckdorf in die dritte Liga auf

Rückblende: Sechs Jahre lang trainierte Kaucikas in den 2000er Jahren den SV Beckdorf. Am Ende stand der souveräne Aufstieg in die dritte Liga. Damals maßgeblich daran beteiligt, dass der Vertrag von Kaucikas nicht verlängert wurde, war der damalige Manager Sven Jonas.

Das TAGEBLATT schrieb am 24. März 2007: Die Verantwortlichen des SVB haben die Sorge, dass Kaucikas nach einem wahrscheinlichen Regionalliga-Aufstieg nicht der richtige Trainer für das Team ist. „Wir brauchen frischen Wind in der Mannschaft, viele Abläufe sind zu eingefahren“, sagte Sven Jonas. „Wir können als Verein nicht nur im Hier und Jetzt weilen und auf das schauen, was zurzeit Stand der Dinge ist. Wir müssen weiter die Zukunft planen“, sagt Jonas. Weitere Gründe für die zumindest zu diesem Zeitpunkt überraschende Nachricht wollte der Verein auch auf Nachfrage nicht nennen. „Das habe ich nicht verdient“, sagt Jonas Kaucikas. Der Litauer wurde von der Entscheidung überrascht und ist sehr enttäuscht. „Man hat mir keine vernünftigen Gründe genannt“, sagte der 52-jährige arbeitslose Sportlehrer, „sondern nur lasche Ausreden.“

Uwe Inderthal löste Kaucikas schließlich ab.

SV Beckdorf wie eine Familie

Das Aus in Beckdorf hat Kaucikas bis heute nicht verwunden. „Das war damals schade für die Mannschaft“, sagt er am Sonnabend. Der SV Beckdorf sei wie eine Familie gewesen. Gemeinsam habe diese Familie etwas aufgebaut, bis der Kopf der Familie plötzlich fehlte. Weil Kaucikas das so sieht und weil von den Fans auf der Tribüne am Sonnabend eine Mischung aus warmen Worten und frenetischem Jubel auf ihn einprasselt, genießt der Mann dieses Comeback der ganz besonderen Art. Ganz weg war er nie. Kaucikas sagt, er habe noch Freunde in Beckdorf. Alte Weggefährten, mit denen er bei Geburtstagen das ein oder andere Bierchen im Partykeller leerte.

Kaucikas hatte in dieser Woche Steffen Aevermann als Coach abgelöst. In nur zwei Trainingseinheiten kitzelte der Trainerfuchs die klassischen Tugenden aus der Mannschaft heraus, die zuletzt gefehlt hatten: Kampfkraft und unbedingter Siegeswille.

Mannschaft perfekt eingestellt

Kaucikas steht während des Aufwärmprogramms vor dem Spiel gegen Achim/Baden ganz dicht bei der Mannschaft. Er beklatscht jeden gelungenen Wurf und jede Parade seiner Torhüter. Als es endlich losgeht, schickt Kaucikas jeden Spieler mit einem aufmunternden Spruch einzeln aufs Feld. Der Trainer hat seine Mannschaft perfekt eingestellt. Die Körpersprache wirft keine Missverständnisse auf. Die SG Achim/Baden hat gegen die geballte Motivation und den Siegeswillen keine Chance.

Der alte und neue Trainer lebt die Leidenschaft an der Seitenlinie vor. Er ruft permanent seine Befehle auf die Platte. Er fordert schnelle Beine in der Abwehr, Köpfchen im Angriff und er dirigiert seine Torhüter auf der Linie. Die Spieler befolgen die Befehle. Sie gehen mit Druck in die Zweikämpfe und packen hinten zu. Beckdorf führt schnell mit 7:4. Kaucikas ballt die Fäuste, zeigt den Daumen, ruft „jawoll“. Unentwegt zupft der 64-Jährige an seinem schwarzen Trainingsanzug. Als die Schiedsrichter beim 18:14 aus Beckdorfer Sicht zur Halbzeit pfeifen, wischt sich Kaucikas mit der Hand erstmals den Schweiß von der hohen Stirn.

Nach dem Seitenwechsel behauptet der Gastgeber die Führung. Der SV Beckdorf übersteht diesmal die kniffligen Situationen, die die Mannschaft noch vor einer Woche so aus dem Konzept gebracht haben. Und Beckdorf hat Glück. Als Thorben Dittmer zehn Minuten vor Schluss bei einem Konter den Ball verliert, ihn dann zurückerobert und zum vorentscheidenden 27:23 trifft, steigt der Lärmpegel in der kleinen Halle. Beckdorf ist durch. „Die Einstellung geht nicht besser“, sagt Kaucikas. Der SV Beckdorf wolle den Klassenerhalt schaffen. „Heute haben wir den ersten Schritt gemacht.“

Die Statistik

SV Beckdorf: Belizaire, Fieritz, von Borstel, F. Nowacki 10/5, Oldag, Benner, Dittmer 2, W. Nowacki, Kahrs 2, Fock 3, Williams 2/1, Jolitz 6, Dede 3, Fuhrmann 4

Siebenmeter: SVB 8/6 – SG 7:5

Zeitstrafen: SVB 4 – SG 2

Rote Karte: Wolters (SG, 28. Min, Foulspiel)

Schiedsrichter: Eilers, Jandt

Zuschauer: 150

Nächstes Spiel: SV Beckdorf – HSG Barnstorf/Diepholz (Sbd., 26. Januar, 19.30 Uhr, Sporthalle Auf dem Delm)

Quelle: tageblatt.de

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