Der SVB leidet – und steigt in die Oberliga ab

Nach dem Abpfiff herrscht Leere in den Köpfen der Beckdorfer Handballer.

Der letzte Strohhalm bricht wenige Minuten vor Ende des Spiels gegen die HF Springe. Beckdorf steigt nach der 31:32-Niederlage in die Oberliga ab. Knapp verpasst die Mannschaft von Thorsten Detjen die Möglichkeit, gegen Aurich am kommenden Wochenende ein Endspiel um den Klassenerhalt zu bestreiten.

Die Spieler blicken an die Decke der Sporthalle Auf dem Delm. Sie vergraben ihre Gesichter in Handtüchern. Einige sitzen auf dem Hallenboden und starren ins Nichts. Der Drittligist SV Beckdorf war gegen die HF Springe ganz nahe dran an der Überraschung, an einem Sieg, der die Hoffnung auf den Klassenerhalt noch eine Woche lang am Leben erhalten hätte. 24:20 führt der Gastgeber in der 41. Minute gegen den Tabellenzweiten. Und bricht danach in Hektik aus. Springe dreht das Spiel und stürzt den SV Beckdorf nach acht Jahren in der dritthöchsten deutschen Spielklasse einen Spieltag vor Schluss ins Tal der Tränen.

Die Gesänge der Fans kann die Spieler zunächst nicht trösten. Die Anhänger singen, dass sie zum SV Beckdorf stehen, egal in welcher Liga. Die meisten Zuschauer stehen und klatschen. Die Mannschaft quält sich in die Mitte des Spielfeldes und bedankt sich. Bis zuletzt glaubte sie an den Klassenerhalt. „Ich muss das erstmal sacken lassen“, sagt Rechtsaußen Christian Jansen. So ganz begreifen könne er das zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Schon kurz nach der Niederlage schlägt in der Sporthalle Auf dem Delm die Stimmung um. Ganz allmählich weicht die anfängliche Trauer. Ganz allmählich mischen sich Begriffe wie Chance und Aufbruch in das Stimmengewirr. Die Funktionäre aus dem Vorstand ehren die Spieler, die den Verein verlassen. Es sind nur wenige. Torwart Florian Knust, der gegen Springe eine überragende Leistung abliefert, verabschiedet sich. Knust geht beruflich nach Polen und hilft dort beim Bau der ersten Müllverbrennungsanlage. „Mit einem Abstieg wird der Abschied besonders bitter“, sagt er. Aber Beckdorf sei nicht erst heute abgestiegen. Marek Werner tritt aus beruflichen Gründen kürzer. Arne Schneider wechselt in die Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein zur HG Hamburg-Barmbek. Er hofft auf mehr Freizeit. Die ganze Mannschaft steht auf und klatscht Trainer Thorsten Detjen in den endgültigen Ruhestand. Dass Detjen nach der Saison abtritt, steht lange fest. Er wolle sich mehr um seine Familie kümmern. „Das Ende habe ich mir schöner vorgestellt“, sagt er. Die Zukunft von Rückraumspieler Lasse Kohnagel bleibt vorerst unklar. Er wollte abwarten, in welcher Liga Beckdorf in der kommenden Saison antreten wird und setzt sich zeitnah mit den Verantwortlichen zusammen. Kohnagel kennt den bitteren Geschmack eines Abstiegs. Allerdings erlebte er einst mit dem Zweitligisten SV Henstedt-Ulzburg einen wenig überraschenden. Der mit Beckdorf fällt auf jeden Fall in die Kategorie überraschend. „Mit diesem Kader haben wir uns mehr vorgestellt“, sagt Kohnagel. Mit Physiotherapeutin Julia Kampmeier verlässt die gute Seele den Verein nach zehn Jahren.

Längst können die Fans und die Spieler wieder lächeln, als Hallensprecher Jörg „Georgy“ Neumann die Namen derer verliest, die beim SV Beckdorf bleiben. Bei jedem Namen brandet Jubel auf. Torwart Stefan Stielert gibt sein Okay. Till-Oliver Rudolphi geht mit seinem Verein durch die Oberliga. Vito Clemens spielt weiter im roten Trikot. Marcin Waryas bleibt.

Maris Versakovs hat einen Vertrag für ein weiteres Jahr unterschrieben. Am Wochenende ging er für die lettische Nationalmannschaft in Tschechien auf Torejagd und konnte deshalb beim Schicksalsspiel gegen die HF Springe nicht dabei sein.

Christian Jansen hält dem Klub die Treue, weil er überzeugt ist von Mannschaft und Verein. Linksaußen Henning Scholz gibt vor Publikum die erhoffte Zusage für ein weiteres Jahr in Beckdorf. Sein Kollege Tobias Hesslein ebenfalls. Kreisläufer Markus Bowe sagt trocken „na logisch bleibe ich“, als es um seine Zukunft geht. Die Fans wählen Bowe zum Spieler der Saison. Selbst Rückraumspieler Stefan Völkers hat sich noch einmal breitschlagen lassen. Er wird sich eine kurze Auszeit nehmen und dann wieder einsteigen. „Ziel kann nur der Wiederaufstieg sein, wenn der Kader so bleibt“, sagt Völkers. Vielleicht täte der Neuanfang dem SV Beckdorf ganz gut.

Beckdorf denkt positiv. „Wir werden uns besser aufstellen“, sagt der neue Liga-Koordinator Dennis Treske in Hinblick auf das Team hinter dem Team. Treske übernimmt Management-Aufgaben. Mit einem neuen Torwart sei sich der Verein fast einig. Treske schaut auf die nächsten zwei bis drei Jahre und will vermehrt junge Spieler rekrutieren. „Das erfahrene Team sei für die Oberliga gewappnet“, sagt er.

Es knistert in Beckdorf. Ein wenig.

Der Standpunkt von Daniel Berlin
Der Abstieg als Chance

Nach acht Jahren in der dritthöchsten deutschen Spielklasse steigen die Handballer des SV Beckdorf in die Oberliga ab. Der Abstieg hat hausgemachte Gründe. Zu selten spielten die durchaus guten Individualisten als Mannschaft zusammen. Zu oft versagten die Leistungsträger in den entscheidenden Phasen. Glücklos agierten die Trainer Lars Dammann und Thorsten Detjen, die während der Saison für die erste Mannschaft zuständig waren. Der Rausschmiss Dammanns durch Ex-Vereinschef Matthias Janitschke zum Un-Zeitpunkt glich purem Aktionismus.
Alles auf Anfang in Beckdorf: Damals in erfolgreichen Oberligazeiten und zu Beginn der Drittliga-Ära haben Typen die Geschicke des SV Beckdorf geprägt. Handballverrückte. Das verrückte Dorf hielt zusammen. Die Sporthalle Auf dem Delm war für Gegner keine sonderlich beliebte Adresse, weil sie dort auf Handballer und deren Fans trafen, die eine Mischung aus Spaß-Handball und Kampf-Handball zelebrierten. Wenn das Ergebnis mal nicht stimmte, gingen die Fans am Abend trotzdem gut unterhalten und die Spieler mit erhobenem Kopf nach Hause.
Die meisten Spieler bleiben. Der Kader hat damit allemal die Qualität, die Oberliga zu dominieren und den direkten Wiederaufstieg zu schaffen. Die eingefleischten Fans kündigten bereits am Sonnabend an, in der kommenden Saison genau da weiterzumachen, wo sie aufgehört haben. Der Verein hat jetzt die einmalige Chance, diese pure Euphorie von damals wieder zu entfachen.

Quelle: Tageblatt Online
http://www.tageblatt.de/sport/handball_artikel,-Der-SV-Beckdorf-leidet-%E2%80%93-und-steigt-in-die-Oberliga-ab-_arid,1128294.html

Foto: Lina-Marie Friede

H1: Der SV Beckdorf steigt ab
H1: Beckdorf steigt ab

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